LAURENT
METTRAUX
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OMBRE (Schatten)
für grosses Orchester, M.515 (1995/8)
nach E. Poe
Dieses Werk wurde 1998 zum Preis der Donaueschinger
Musiktage erwählt.
Uraufführung
durch den SWR Symphonie Orchester Baden-Baden,
Leitung Sylvain
Cambreling, Donaueschingen 17.10.1999.
Argument
:
Die schwarzen Flügel der Pest haben sich ausgebreitet,
und wie Früchte unheilvoller Verbindungen streifen Gefühle in den Seelen
umher, die stärker sind als die Angst.
Oinos und sechs Gefährten haben sich in einem von schwarzen Vorhängen
umgebenen Zimmer eingeschlossen. Am Fuss der ehernen Tür der Leichnam des
jungen Zoilus, die Augen starr auf Oinos gerichtet. In der drückenden, stickigen, bangen
Atmosphäre, die von den fahlen und unbeweglichen Flammen sieben eiserner
Leuchter erhellt wird, sehen die Tischgäste die Blässe ihrer Gesichter sich im
Ebenholz des Tisches widerspiegeln. Hysterisches Lachen und anakreontische
Gesänge trachten danach, die tödliche Schwere zu vertreiben, die sich über sie
und die umgebenden Gegenstände legt.
Aus den schwarzen Vorhängen erhebt sich ein seltsamer
Schatten und heftet sich, unbeweglich und aufrecht, auf der Oberfläche der
ehernen Tür fest. Die sieben Gefährten, den Blick in die Tiefen des
Ebenholztisches vergraben, wagen nicht, ihn anzuschauen. Endlich entschliesst
sich Oinos dazu, den Schatten nach seinem Zuhause und
seinem Namen zu fragen.
"Ich bin SCHATTEN, und mein Zuhause ist neben den
Katakomben des Ptolemäus und ganz in der Nähe jener
dunklen Höllenebenen, die den unreinen Kanal von Charon
umschliessen!", gab er den Tischgästen zur Antwort, die sich voll
Entsetzen auf ihren Stühlen aufrichteten. Denn die Stimme des Schattens war die
einer Vielzahl von Wesen, mit den vertrauten Akzenten tausender und
abertausender verschwundener Freunde.
Laurent Mettraux